Aus gestalterischer Sicht bieten Fassaden aus Ortbeton für Architekten vielfältige und faszinierende Möglichkeiten. Gleichzeitig erfordert die Individualisierung eine äußerst gründliche Tragwerksplanung und häufig auch beinahe experimentelle Projektbetreuung, um die Balance zwischen Ausdruck, Standortbedingungen und Ökonomie zu finden.
Erstmals wurde beim Bau der Linienstraße 34 die Aufgabe einer fugenlosen Ortbeton-Vorsatzschale an uns herangetragen. Vorsatzschalen werden aufgrund der hohen thermischen Belastung üblicherweise in vertikaler und horizontaler Richtung mit Fugen versehen, um die entstehenden Ausdehnungen schadenfrei aufnehmen zu können. Die Fugenabstände betragen dabei in der Regel 6-8 mm und sind damit deutlich sichtbare konstruktive Merkmale. Die Vision von Bundschuh Architekten war jedoch das Bild eines schwarzen, monolithischen Felses, der wie eingeschnitten und bearbeitet wirkt – Fugen sollten vermieden bzw. auf ein Minimum reduziert werden.
Entscheidendes Kriterium bei der Modellierung waren die Lagerbedingungen der Elemente, die möglichst zwängungsfrei sein sollten, um die Beanspruchung der Fassaden verträglich zu gestalten. Der erste Schritt für die Lösung dieses Problems war die exakte Analyse der Temperaturbeanspruchung der Fassade. Der beauftragte Bauphysiker untersuchte per Simulationen den Tagestemperaturverlauf für Sommer- und Winterszenarien. Mit diesen Daten konnten dann mittels der Finite-Elemente-Methode (FEM) die modellierten Fassaden auf die wirkenden Kräfte und Lasten untersucht werden.
In Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Halfen entwickelt ifb Fassadenanker, die die Lasten aus der schweren Ortbetonfassade tragen konnten, aber gleichzeitig auch in der Lage waren, die auftretenden Verformungen dauerhaft aufzunehmen. Gegen die Belastungen durch Wind und Windsog kamen individuell gestaltete Windsoganker zum Einsatz, die die Standortbedingungen berücksichtigten. Weitere Problemstellungen in der Tragwerksplanung ergaben sich, weil Vorsatzschalen um mehr als eine Ecke geführt werden sollten. Erst der Einbau von neuartigen Eckdämm- oder Lochelementen verhinderte die mit dem Abkühlen einhergehenden Rissbildung durch Verkürzungen.
Ein weiteres Beispiel für die Möglichkeiten einer kreativen Fassadengestaltung mit Ortbeton ist das Bauvorhaben Schinkelplatz in Berlin. Prägendes gestalterisches Element ist die geschlämmte Betonfassade, deren digital entwickeltes Relief an die Bossierung historischer Sockelgeschosse erinnert. Die großflächigen Fassadenelemente mussten bei diesem Projekt gleitend auf dem Sockel gelagert werden.
Geschäftshaus Schinkelplatz (Staab Architekten) Zum Projekt >
Geschäftshaus L40(Cosima von Bonin, Bundschuh Baumhauer Architekten) Zum Projekt >
Geschäftshaus Linienstraße 34, Berlin(Bundschuh Architekten) Zum Projekt >
Geschäftshaus Adalbertstraße 5 und 8, Berlin(Baumhauer Architekten) Zum Projekt >